Mittwoch, 20. Februar 2013

Von Studenten, "Tappeten" und McDonald's


Es ist viel Zeit vergangen seit dem letzten Eintrag. Das hat damit zu tun, dass halt viel passiert ist.

Wir haben nun eine Aufenthaltsbewilligung für ein ganzes Jahr erhalten. Das heißt, dass wir ganz sicher bis Mitte Februar 2014 in Uganda bleiben dürfen. Wie es dazu kam ist sehr interessant.

Wir haben unseren Wunsch, lange in Uganda zu bleiben immer wieder Jehova gegenüber im Gebet geäußert. Am Tag X, als wir auf das Emigration Office gehen wollten, um unser Visa um 3 Monate zu verlängern, treffen wir Hideki und Misa, zwei andere Need-Greater. Sie empfehlen uns, ein Studentenvisum zu beantragen. Hideki fädelt den Kontakt mit einer Schule ein und einer der Offiziellen stellte uns innert 24 Stunden eine Studentenausweis und die benötigten Papiere aus.

Natürlich haben wir nicht vor, hier ein Universitätsstudium zu beginnen. Da wir aber das Schulgeld für das gesamte Jahr im Voraus bezahlt haben, stört das hier niemanden, dass wir nicht an der Uni selber Sprachunterricht nehmen, sondern bei einem Privatlehrer. Nun denn, Hauptsache wir haben das Visum bekommen.



Ein ganzes Jahr Uganda!!!!!!!!



Hier bist du wirklich bestraft, wenn du ehrlich sein willst. Je korrupter du dich verhältst, desto weiter kommst du. Doch als Zeuge Jehovas kannst du dir nicht erlauben zu schmieren, denn das wäre entgegen den Anforderungen, denen Christen gemäß der Bibel nachkommen sollen (Psalm 15:1,5; Sprüche 17:23). Es ist schade zu sehen, wie die Korruption dieses Land kaputt macht.

Es brodelt sehr, was das Politische angeht. Die Opposition in Kampala will den Präsidenten um jeden Preis stürzen und die Schlammschlacht gegen ihn läuft. Es sind immer wieder Aufstände und Unruhen. Die verantwortlichen Brüder hier haben uns bereits vorgewarnt, dass es sehr schlimm werden könnte, wenn Präsident Museweni, der hier in Mbarara geboren ist und die meisten staatlichen Büros hier stationiert hat, sterben würde. Die Opposition würde den Ort hier überrennen und es gäbe große Krawalle. Aber wir müssen uns jetzt nicht schon Sorgen im Voraus machen.


"Most Welcome Sire!"

Ein weiterer Höhepunkt ist ein Engagement als Religionslehrer an einer Primarschule etwa 5km von unserem Zuhause. Jeden Freitagnachmittag unterrichten wir etwa 30 Kinder im Alter von 6-8 Jahren in Biblischen Geschichten. Es ist so süß zu sehen wie sie die Geschichten und Erzählungen in sich aufsaugen. Ihr Bibelwissen ist fantastisch und ihre Antworten sind herzerwärmend. Völlig ungewohnt ist die Schulordnung. Wenn wir ins Klassenzimmer treten, steht die ganze Klasse in einem Ruck auf und schreit mit einer Stimme. „Most Welcome Sire!“ Jedes Mal, wenn wir eine Frage stellen, stehen sie zum Antworten auf. Nicht das wir das erlebt hätten, aber das ist ja wie in den 50er Jahren.

Wir dürfen noch bis Ende April dort Schule geben, danach werden wir uns weiter orientieren. Obwohl wir nun ein Visum haben, stellt sich für uns aber schon wieder die Frage, was kommt als nächstes? Unser Ziel ist ein Volontier-Visa. Das ist am günstigsten und kann am einfachsten verlängert werden. Der Besitzer und Vermieter unserer Wohnung hat eine eigene Schule, und sucht Französisch Lehrer. Er wäre geneigt, einen Volontierlehrer in Erwägung zu ziehen. Im Moment ist es ja noch kein Thema, aber gut zu wissen alle Mal.


Vorerst werden wir aber intensiv Runyankore lernen. Wir haben einen Bruder engagiert, der uns 60 bis 120 Minuten pro Woche unterrichtet und so eine gute Grundlage legt. Das beste und schnellste Mittel um eine Sprache zu lernen ist der Predigtdienst von Haus zu Haus. Dort werden wir am meisten lernen.


Der Dienst in den letzten Tagen war hat wieder alles übertroffen. Eines der Studien das ich führen darf, Josef, sagt aus tiefstem Herzen: „Es war mir seit meiner Kindheit nie vergönnt, die Wahrheit über Gott, seinen Namen und sein Versprechen für die Zukunft zu erfahren, bis jetzt. Ich glaube es ist noch nicht zu spät dass er mich zu sich ziehen kann…“

Ein anderer Mann, Gerhard, meinte: „Ich habe mich immer gefragt, wer den Teufel erschaffen habe, das kann doch gar nicht Gott gewesen sein, da er ja Liebe ist. Nun habe ich Gewissheit und meine Frage ist beantwortet. Danke, dass ihr die Wahrheit nicht für euch behalten habt.“


Aussagen wie diese machen alle Anstrengungen und die Strapazen bei weitem Wett, ja, Aussagen wie diese klingen lange im Sinn nach und geben dir ein unbeschreibliches Gefühl des Glücks, der Dankbarkeit gegenüber Jehova und der tiefen Zufriedenheit.


Simon, den wir schon seit letztem Jahr begleiten dürfen, stammt ja ursprünglich aus Ruanda und hat Kinyarwanda als Muttersprache. Das Studium ging so weit immer gut vorwärts und er äußerte sich mit eigenen Gedanken und stellte immer gute Fragen, doch nun beim Lösegeld Jesu Christi, merkten wir, dass er einfach nicht mehr so mitkam. Das Lösegeld ist wohl das wichtigste Kapitel im Studium eines Bibelstudenten. Wenn du dieses Kapitel nicht verstehst, dann ist es sehr schwer, andere Zusammenhänge der Bibel zu verstehen.


Eigentlich ist es beschämend, dass uns das nicht schon eher eingefallen ist, aber die Frage, „verstehst du wirklich was du liest?“ stellten wir erst jetzt! "Nein!" War die Antwort. Also setzen wir uns an den PC und luden auf jw.org das Buch „Was lehrt die Bibel wirklich“ in Kinyarwanda runter, sowie die folgenden Studienartikel des Wachtturms.

Am Sonntag überreichten wir ihm sogar das gebundene Buch in seiner Muttersprache. Er konnte seiner Freude kaum Ausdruck verleihen, so glücklich war er. Er strahlte über das ganze Gesicht und schüttelte immer wieder den Kopf.

Dieses Erlebnis hat mich persönlich sehr gerührt und ich konnte meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Diese Wertschätzung und die Möglichkeit, die Jehova durch den treuen und verständigen Sklaven geschaffen hat, Literatur in über 400 Sprachen mit 3 Mausklicks zur Verfügung zu haben, bewegen mich immer wieder sehr.

Ihr hättet Simons Augen sehen sollen als er den Titel des Studienartikels las und verstand, was er bedeutete...


Kennst du McDonald's?



Als Ken und ich unterwegs waren, (man legt ja oft große Distanzen zu Fuß zurück und redet über dies und das) fragte er mich, ob ich in der Schweiz so ab und zu in den McDonald‘s gegangen sei. Ja, ja, meinte ich…
Stunden später sind wir dann an einen Mann geraten, der ein Hemd trug, mit dem ‚McDo-Symbol‘ drauf. Es war eine Uniform, die hier in Afrika gelandet sein muss. Ken und ich mussten lachen, denn in Afrika gibt es, mit Ausnahme von Südafrika und vielleicht Botswana, keinen einzigen McDonald auf dem ganzen Kontinenten. Da wir gerade darüber gesprochen hatten, fragten wir den Studenten, ob er denn wisse, was dieses „M“ bedeute? „Nein“, antwortete er. Wir schauten einander an und lachten erneut. Ken meinte, „ist besser du weißt es nicht, sonst kommst du nur in Versuchung." Wir zogen eine Zeitschrift aus der Tasche und hielten sie so, dass er nicht sehen konnte was es war, nur die Zinnen des Wachtturms waren zu sehen. „Weißt du, was DAS ist?“, wärend wir ihm die verdeckte Zeitschrift hinhielten. „Ja, der Wachtturm!“

Ist das nicht toll. Der Wachtturm ist bekannter als McDonald’s. Aber es ist ja auch kein Wunder. Mit mehr als 44 Mio. Ausgaben jeden Monat in über 200 Sprachen. Er und das „Erwachet!“ sind die meist verbreitetsten Zeitschriften der Welt.

Apropos „kennen“. Der Name Gottes, Jehova, ist hier sehr gut bekannt. Gerard, der bereits erwähnt wurde, meinte nach dem 30 minütigen Gespräch: „Komisch, mir ist, als hätte ich etwas von Jehova im Zimmer…“ Er ließ uns eintreten und tatsächlich… An der Wand konnte man es deutlich sehen...

"Irgend etwas habe ich doch von Jehova..."
 
Eine Einladung zum Gedächtnismahl vor 2 Jahren hängt an der Wand als Dekoration.





Donnerstag, 7. Februar 2013

... Es braucht einfach mehr Zeit ...



In den wohl meisten industrialisierten Ländern dieser Erde beherrscht der Kapitalismus und die Finanzwelt das Denken der Menschen. Unbewusst werden ihnen durch die Mode und die Werbung Wünsche suggeriert, die dann plötzlich zu „Bedürfnissen“ werden. Ja, ohne, lebt sich einfach nicht mehr so wie früher. Die Menschen sind aber in Wahrheit müde, ständig das Neuste und Beste haben zu müssen. Das Resultat: Frustration, Gleichgültigkeit und spirituelle Flucht. Die Bibel sagt darüber, dass die Menschen „eine Form der Gottergebenheit haben, sich aber hinsichtlich deren Kraft als falsch erweisen“. Wenn man als Zeuge Jehovas in der Schweiz oder andern westlichen Staaten von Haus zu Haus geht, um die gute Botschaft der Hoffnung auf Gottes Königreich zu verkünden, reagieren die meisten Menschen, eher ablehnend, gleichgültig oder sogar beleidigend. Das können alle bestätigen die entweder Zeugen Jehovas sind oder es nicht sind.

Das Interesse an geistigen Belangen ist erschreckend klein geworden in der Schweiz und man muss sagen, dass es genauso gekommen ist, wie die Bibel vorausgesagt hat. Deshalb ist es nur verständlich, wenn pro Tag einige Gebete zu Jehova gelangen, die in etwa so klingen: „Bitte beschleunige das Ganze, bringe so bald wie möglich dein Königreich, denn wir halten es bald nicht mehr aus…“

Der krasse Kontrast dazu besteht nun aber hier bei uns in Mbarara. Unsere Gebete lauten in etwa so: „…Bitte gib uns mehr Zeit, warte bitte noch einige Augenblicke damit wir den Menschen, die ein Dorf weiter leben, auch noch Predigen können. Es gibt einfach noch so viele die es Verdienen und die mehr wissen möchten…“

Ja, es ist verrückt. Obwohl man von letztem Jahr zu jetzt merkt, dass das Interesse an der Bibel auch hier abgenommen hat, dafür die Gleichgültigkeit und der Materialismus zugenommen haben, ist der Dienst nach wie vor herrlich. In den letzten 30 Stunden die uns im Dienst standen, dürfen wir diese Woche schon 10 kostenlose Bibelkurse führen. Das ist gewaltig.

Eine deutsche Schwester, die seit etwa 6 Monaten hier ist, hat mir einige Studien übergeben die sie mit jungen Männern führt und sich so für junge Frauen Zeit nehmen kann. Zwei Studenten, mit denen ich letztes Jahr schon die Bibel studieren durfte, Simon und Dickson, sind immer wieder in die Versammlung und an Kongresse gekommen und haben soweit Fortschritte gemacht, dass ich weiter mit ihnen studieren darf.


Josepf, John und Moses, drei neue Bibelstudenten
Du kannst hier rasch mit vielen Studieren, doch die Spreu trennt sich schnell vom Weizen, denn nicht alle haben wirklich ehrliche und aufrichtige Beweggründe. Sobald du siehst, dass nicht vorbereitet wurde, oder die Zusammenkunft nicht besucht werden, stellst du den oder die Student/in zur Rede und bittest ihn, Farbe zu bekennen. Natürlich braucht jemand Zeit sich zu ändern und die bekommt er auch. Doch angesichts der vielen Arbeit, die noch vor uns liegt und die wir sowieso nie und nimmer bewältigen können, haben wir einfach keine Zeit, uns aufhalten zu lassen. Menschen die sich nicht entscheiden können, ob sie nun an die Dreieinigkeit oder die Unsterblichkeit der Seele glauben wollen, oder doch die biblische Lehre akzeptieren wollen, müssen selber wissen, was sie möchten. Der Königreichsaal steht allen offen und jeder weiß wo er ist. Es gibt hier Menschen, die sofort begreifen, dass die Bibel die Wahrheit lehrt und sofort Fortschritte machen.

Vielleicht zwei Beispiele zum Vergleichen: Elisabeth die bereits erwähnt wurde.

Carmen hat am Sonntag wieder vorgesprochen. Elisabeth war ganz erfreut und begeistert und hat den Wachtturm vom Dezember in den vergangenen Tagen komplett durchgelesen und Carmen alles erklärt, wie was wo steht. Am besten hat ihr das über Jesus und warum er auf die Erde gesandt wurde gefallen. Aber auch das über die Kosmetik der Frauen in biblischer Zeit hat sie sehr angesprochen.

Anhand der Rubrik ‚Die Bibel hat die Antwort‘ begann Carmen das Studium. Elisabeth hat so schön mitgemacht, Fragen gestellt, gut geantwortet… Aber das Gefühl, welches Carmen bei diesem Studium hat, ist einfach nicht so beruhigend. Irgendetwas stört in diesem Haus. Es sind da einfach spezielle Menschen anwesend. Man muss es beobachten. Auf die Frage, ob sie wieder komme meinte Carmen: „Ja, aber zuerst kommst du mal in die Versammlung.“



Daphne
Ganz anders dagegen ist Daphne. Ein weiteres Studium von Carmen. Sie hat eine neue King James Bibel, in welcher der Name Jehovas wieder an manchen Stellen vorkommt. Sie ist ebenfalls sehr wissbegierig, aber ihre demütige Art und ihre gut überlegten Kommentare machen einfach den Unterschied aus. Carmen freut sich immer zu ihr zu gehen und hat ein gutes Gefühl bei ihr. Letzen Sonntag sahen wir sie auf dem Weg in die Versammlung zur Kirche gehen und sprachen sie an, sie solle sich doch einmal eine Zusammenkunft im Königreichssaal anhören, so könne sie vergleichen. Es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis sie in die Versammlung kommt.




Julius und Naomi Karamagi
Wir hatten am Sonntagabend „Locals“ (schwarze Brüder, die hier aufgewachsen sind) zu Besuch. Julius und Naomi Karamagi und Ronny Kabonge. Ronny ist für uns eine sehr große Ermunterung. Denn er hat es momentan gar nicht leicht.

Er diente einige Jahre im Bethel (Hauptsitz eines jeweiligen Landes oder Zweiges, von wo aus zum Teil die Druckerei, der Versand, die landesinterne Organisation, die Bautätigkeit, der Predigtdient und die Administration von freiwilligen Helfern organisiert, verwaltet und getätigt werden), kam dann aber leider auf Abwege, wollte diese nicht eingestehen und wurde ausgeschlossen. Er ist nun aber wieder aufgenommen und dient mit seiner Frau Evas und seiner kleinen Tochter Sonja treu in unserer Versammlung.

Leider wurde diese Familie auf dem Weg zum Zonenaufseherbesuch in Kampala vom Zufall hart getroffen. Morgens um 8 Uhr, die Familie saß mit 4 weiteren Brüdern und Studierenden in einem 7 Plätzer, wurden sie von links von einem Pick-up, das mit etwa 80km/h den Vortritt missachtete, gerammt und gegen eine Straßenbeschilderung gedrückt. Das Auto erlitt logischerweise Totalschaden, aber was noch schlimmer ist, Evas, Ronnys Frau erlitt nebst Schnitt- und Quetschwunden schwere Rückenverletzungen. Sie scheinen so schwer, dass man sie bis jetzt stabilisiert, damit sich nichts verschiebt oder verschlimmern kann. Die Ärzte sind sich immer noch uneinig was zu tun ist. So ist sie nun in ein Korsett gezwängt, dass sie kaum atmen lässt. Sie kann nur auf der Seite liegend ruhen und darf nicht aufstehen. Das ist jetzt seit 2 Wochen so und es ist keine Besserung in Sicht und das bei über 35°C.

Ronny mit seinem Cappuccino
In dieser Zeit sind Ronny und Evas eine enorme Ermunterung für uns, denn sie hatten sich im Dezember für die nächsten 3 Monate als Hilfspioniere (Ein Verkündiger, der sich verpflichtet min. 50 Stunden pro Monat in den Predigtdienst von Haus zu Haus zu gehen) beworben und ziehen das trotz allem durch. Evas liegt auf der Seite und predigt und unterweist Bettnachbarn, Krankenschwestern oder führt Studien per Telefon. Und Ronny ist voll im Arbeitsprozess, einer muss ja schließlich Geld verdienen, predigt aber nach Feierabend und am Wochenende fleißig mit.

Ja, wenn wir uns die Probleme ansehen, die diese Familie oder viele andere hier haben, dürfen wir uns wirklich glücklich schätzen, so behütet und wohl versorgt aufgewachsen zu sein.

Auch hier sieht man wieder wie gut die Brüder und Schwestern für einander da sind. Sofort wurden viele Briefe und Karten verteilt, welche man gestalten und beschriften konnte, es wurden Geschenke vorbereitet, Brüder brachten Essen und Getränke und einige spendeten Geld. Ja, es ist wirklich das lebendige Beispiel aus Johannes 13:35: „Daran werden alle erkennen, DASS ihr meine Jünger seid, WENN ihr Liebe unter euch habt.“